"Brückenbauer" könnte man über sein Leben schreiben. Sein Vater war Dachdeckermeister in Ulm. Er kannte ihn kaum. 1941 starb dieser bereits. Rolf Einsiedel war damals gerade erst drei Jahre alt. Die Mutter führte das Geschäft nach dem Tod des Vaters weiter und die Kinder halfen später mit so gut es ging. Der ältere Bruder übernahm das Geschäft, der jüngere wurde Lehrer, das war drei Generationen lang so, bei Einsiedels.
In der Martin-Luther-Kirche wurde er getauft und
konfirmiert. Viel Zeit für Kirche blieb nicht im
Handwerker-Stress der allein erziehenden Mutter. Und so lernte
Herr Einsiedel die Kirche zunächst mehr von außen kennen, was
dennoch wichtig war für seine späteren Aufgaben.
Abitur machte er am Schubart-Gymnasium und anschließend eine
zweijährige Lehre bei der Sparkasse in Ulm. Nach dem Wehrdienst
begann er dann mit dem Studium als Diplom-Handelslehrer in
München und wechselte zwei
Jahre später bis zum Examen nach Nürnberg. 1964 trat er seinen
Dienst als Lehrer an der Berufschule in Neu-Ulm an.
Eine erste Brücke, die zur Kirche entstand, als er 1965 die
Fernmeideassistentin Gerda Tietze heiratete. Sie kannte die
Kirche von innen, von der Kinderkirche und der Jugendarbeit.
Damit war sein Weg zur eigenen Mitarbeit in der Kirche schon
unbemerkt vorbereitet.
Noch ahnte damals niemand, dass dieser junge Lehrer 1985 als
Oberstudiendirektor Schulleiter an der oben erwähnten Schule
werden würde. Mit seiner aufgeschlossenen, offenen und
gesprächsbereiten Art jedoch war das gar kein Problem.
Als neuer Schulleiter besuchte. er seinen Schulfreund, Direktor
Schaible, von der Robert-Bosch-Berufschule in Ulm. Die alte
Freundschaft von der Schulbank führte zum nächsten
Brückenschlag. Man kam schnell überein, die Zusammenarbeit im
Berufschulbereich auf den beiden Donauufern möglichst
unkompliziert und unbürokratisch zu gestalten.
Die Notwendigkeit und die Vorteile dieses Modells wurden sowohl
beim Oberschulamt in Tübingen als auch bei der Schulabteilung
der Regierung von Schwaben in Augsburg bald erkannt. Die
grenzüberschreitende Beschulung wurde intensiviert. So konnte
ermöglicht werden, dass alle Metzger aus dem Raum in Neu-Ulm
unterrichtet wurden, alle Bäcker und Konditoren dagegen in Ulm.
Das bedeutet an der Berufschule, dass man Werkstätten und teure
Maschinen für die praktische Ausbildung nicht zweimal für
Kleingruppen kaufen muss. Mit vereinten Kräften konnte bei den
Spediteuren von Aalen bis Ravensburg ein neues Berufsbild
geschaffen werden: Spediteur an der Berufschule mit
anschließendem Fachhochschulstudium zum Logistik-Betriebswirt an
der FH Neu-Ulm.
Brückenbauer war Herr Einsiedel auch in der Kirche. Als jemand,
der die Hand am Puls des Lebens vieler junger Menschen hat,
wurde Herr Einsiedel auch für zwei Perioden (12 Jahre) in den
Kirchenvorstand der Petrusgemeinde gewählt. Es gelang ihm dort
sehr gut, innerkirchliche Sicht und die Sicht von außen auf die
Kirche ins Gespräch zu bringen. Er vertrat die Randgruppen, die
jungen Leute und die Probleme von Handel und Wirtschaft in der
Kirchengemeinde. Seit Mitte der 80er Jahre verstärkt er zudem
den Bass in der Kantorei.
Ein besonderer Brückenbauer war er für den Religionsunterricht
in der Berufsschule. Mit Diakon Aschoff und Dekan Diegritz
zusammen baute er neue Modelle auf, die eine bedeutsam
Lebenshilfe für Schülerinnen und Schüler darstellte, was durch
viele Rückmeldungen und Äußerungen belegt und bestätigt ist.
Jetzt ist der evangelische Pädagoge und Brückenbauer in den
wohlverdienten Ruhestand gegangen und seine Frau und er sind
neugierig, ob ihr Weg sie vielleicht jetzt wieder über die
Brücke zurückführt. Nie mehr allerdings als
Einbahnstraße.