Alle reden vom EHRENAMT... wir haben etwas getan
Die Evangelisch-Lutherische Kirche hat als erste Landeskirche ein Gesetz für Ehrenamtliche

Kirche Das Jahr 2001 ist das "internationale Jahr des Ehrenamtes" ausgerufen von den Vereinten Nationen. Ein Zeichen dafür, wie wichtig die Arbeit von Ehrenamtlichen oder Freiwilligen ist. Ohne diese Arbeit, die von vielen geleistet wird, ist eine Gesellschaft und auch eine Kirche zählt insbesondere dazu - kaum lebensfähig.
In unserer Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern arbeiten laut Statistik über 132.000 Ehrenamtliche. Davon sind 2/3 Frauen, welche auch ansonsten den größten Teil der in unserer Gesellschaft unbezahlten Arbeit leisten. Dem stehen ca. 19.000 haupt- und nebenamtlich Mitarbeitende gegenüber.

Für die haupt- und nebenamtlichen Mitarbeitenden gibt es gesetzliche Regelungen für ihren Dienst, das heißt sie arbeiten unter rechtsverbindlichen Vorgaben. Für die vielen ehrenamtlich Engagierten gab es bisher nur Leitlinien für ihren vielfältigen Dienst.
Bei der Tagung der Landessynode im November 2000 in Rothenburg o.d.T. wurde nun das "Ehrenamtsgesetz" verabschiedet. Es ist am 5. Dezember 2000 - dem "Internationalen Tag des Ehrenamtes" - in Kraft getreten. Für die Ehrenamtlichen der bayerischen Landeskirche gelten nun auch rechtsverbindliche Arbeitsbedingungen. Ein Gesetz zu schaffen war auch eine Frage, wie ernst und wichtig nehme ich den größten Teil der Mitarbeitenden.

Alle kirchliche Arbeit gleichwertig
Im Ehrenamtsgesetz ist zum Beispiel neu, dass die Gleichwertigkeit von ehren- und hauptamtlicher Arbeit benannt wird. Jeder der vielfältigen Dienste in und für Kirche ist gleichwertig und gleichrangig. Mit dieser Beschreibung wird das Grundverständnis unserer Kirche deutlich, dass von einem Priestertum aller Gläubigen ausgeht. Dabei ist gleich, ob das die Arbeit einer Pfarrerin oder eines Pfarrers ist oder die eines Gemeinde-Mitarbeiters oder einer Gemeinde-Mitarbeiterin, der/die die "Frohe Botschaft" in die Häuser trägt.

Freiwillig und unentgeltlich
Im Gesetz wurde eine Definition des Ehrenamtes in unserer Kirche gegeben: freiwillig und unentgeltlich. Das Gesetz regelt eindeutig den Ersatz von Auslagen wie beispielsweise Telefon- und Fahrtkosten. In Entscheidungen, die ihren Arbeitsbereich betreffen, müssen die Ehrenamtlichen einbezogen werden.

Nachweisheft über die Tätigkeit
Neu ist auch: Es wird empfohlen, ein Nachweisheft über die Tätigkeit zu führen. Für einen selbst kann es wichtig sein, sich einmal darüber klar zu werden, wieviel Zeit ich investiere, was ich tue, was ich kann. Wichtig wird so ein Nachweis auch sein, was Rentenanspruch und Steuerermäßigung anbelangt, die sich hoffentlich einmal in nicht allzu ferner Zukunft aus der der Allgemeinheit nutzbringendem Tätigkeit ergeben könnten. Dies kann ein Kirchengesetz nicht regeln, dafür ist die Bundesregierung zuständig. Diese hat immerhin inzwischen eine Enquete-Kommission "Ehrenamt" eingerichtet, um der Wichtigkeit der ehrenamtlichen Arbeit besser gerecht werden zu können. Man darf auf gute Ergebnisse hoffen.

Überhaupt bezahlbar?
Hier und da werden Stimmen laut: Ist dieses Gesetz überhaupt bezahlbar? Und: Der Anspruch auf Auslagenersatz wird die Gemeinden teuer zu stehen kommen ... In der Tat müssen Kirchengemeinden und Dekanate überlegen, wo sie Prioritäten setzen. Die Finanzmittel sind begrenzt. Ist zum Beispiel eine neue Anschaffung wichtiger oder wollen sie mehr das lebendige Gemeindeleben fördern, indem sie ehrenamtlich Engagierte mehr fördern? Einfach weiterhin stillschweigend damit zu rechnen, dass die Mitarbeitenden selbst für die Auslagen, die bei der Arbeit entstehen, aufkommen, ist schlechtweg unfair und unehrlich. Die Zeit, die diese für ihre Arbeit einbringen ist kostbar genug. Ehrenamtliche Arbeit in der Kirche geschieht unentgeltlich (Ehrenamtliche erhalten auch weiterhin keine Bezahlung für ihre Arbeit!), aber ehrenamtliche Arbeit ist nicht zum Nulltarif zu haben.

Haushaltsposten für die Kosten
Nach dem Gesetz müssen Haushaltsposten für die Kosten ehrenamtlicher Arbeit geschaffen werden, soweit dies nicht schon geschehen ist. Die Landeskirche hat infolge des Ehrenamtsgesetzes den Beitrag, der den Kirchengemeinden und Dekanaten jährlich zugewiesen wird, ab 2001 von zur Zeit 0,27 DM auf 0,50 DM pro Gemeindemitglied erhöht. Die Erhöhung ist zweckgebunden für ehrenamtliche Arbeit und darf für nichts anderes ausgegeben werden.

Was kann man als ehrenamtlich Mitarbeitende erreichen?
Seit 1995 bin ich Mitglied der Landessynode und arbeite seit über 40 Jahren in den verschiedensten Bereichen in unserer Kirche ehrenamtlich mit. Die Verbesserung der Rahmenbedingungen für ehrenamtlich Mitarbeitende ist mir ein großes Anliegen. An der Gesetzesvorlage habe ich maßgeblich mitgearbeitet.

Das Ehrenamtsgesetz kann den Weg zu einer geschwisterlichen, partnerschaftlichen Kirche ebnen und zum wirklich gelebten Priestertum aller Gläubigen beitragen.

Christel Balser
Mitglied der Landessynode und
Sprecherin des Fachbeirates Ehrenamt

Wie kam es zu diesem Gesetz?
Im März 1993 tagte die Landessynode in Günzburg. Thema: Das Ehrenamt. (Die brücke berichtete davon.)
Damals wurden die Leitlinien für den Dienst ehrenamtlich Mitarbeitender verabschiedet. Dies war ein erster Schritt. Ein weiterer war, einen Fachbeirat Ehrenamt ins Leben zu rufen. Dieser begann 1998 mit der Arbeit. Zwölf Frauen und Männer, ehrenamtlich und hauptamtlich Tätige, gehörten der ersten Amtsperiode des Beirates an, die jeweils drei Jahre dauert. Sie sind in den unterschiedlichsten kirchlichen Bereichen tätig und kommen aus ganz Bayern. Eine Aufgabe war und ist die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Ehrenamtliche. Dazu gehören klare und verbindliche Regelungen. Die sind nur mit einem Gesetz gegeben. Beim Erfahrungsaustausch bei einer der ersten Sitzungen stellte sich heraus: Die Leitlinien sind gut, haben aber kaum "Biss", eher noch mehr Raum für Konflikte zugelassen. Auf der Basis der Leitlinien erarbeitete der Fachbeirat Ehrenamt eine Gesetzesvorlage. Dieser ersten Vorlage hat sich dann die Rechtsabteilung des Landeskirchenamtes und der Rechts- und Verfassungsausschuss der Landessynode angenommen, bevor sie in die Landessynode eingebracht wurde. Die Landessynode ist für die Gesetzgebung zuständig.