1996 startete eine bundesweite Initiative "Schulen ans Netz". Die Stadt Ulm regte noch im gleichen Jahr die Gründung des TELEBUS an, einen TELE-Bürger/innen und Universal-Service im Internet für Ulm, Neu-Ulm und die Region. Er sollte zur Grundversorgung - nicht mit Lebensmitteln sondern mit Informationen - der Menschen in der Region beitragen. Von dieser Möglichkeit haben nach und nach auch einige Kirchen Gebrauch gemacht. Dabei wusste keiner so recht, ob und wie man das anfangen sollte. Wenn im Kirchengemeinderat darüber beraten wurde, tauchten sofort Fragen auf: Wer macht das? Was kostet das? Lohnt sich das?
Die Fragen 1 und 2 waren leicht zu beantworten. In jeder Gemeinde gibt es Jugendliche, die Internetseiten erstellen können, denn die lernen das ja schon in der Schule. Ob es sich auch lohnt, war damit nicht entschieden. Wie bei Radio Eriwan galt: "Im Prinzip ja, aber...".
Ein Zustandsbericht
Was ist denn nun entstanden? Ein herbstliches Bild! Es geht
bunt zu auf den Seiten von
www.kirche-ulm.de und
www.kirche-neu-ulm.de. Noch nicht auf der Titelseite, deren Logo und Hintergrundsfarbe dem Thema Kirche angemessen sind; aber
dann auf manchen Leitseiten einzelner Kirchengemeinden. Denn
das Internet ermöglicht die Wiedergabe von über 40 Millionen
Farben. Das reizt die Phantasie. Und was machbar ist, wird
auch gemacht. Es geht auch lebhaft zu. Da blinkt und flackert
es wie in Las Vegas, ganze Fotogalerien werden präsentiert, mit
langen Ladezeiten, Texte heben sich vom Hintergrund schlecht ab
und es wird in Schriftarten, -größen, -farben und
-auszeichnungen (gerade, kursiv, fett) geschwelgt. Wer die Wahl
hat, hat die Qual! Weniger wäre manchmal mehr!
Was noch auffällt: das meiste aus den monatlichen
Gemeindeblättern ist im allgemeinen wortgleich auch im Internet
zu finden, was aber oft fehlt, sind die übliche Besinnung oder
Andacht und Berichte über das, was in den Gruppen geschieht. Es
gibt rühmliche Ausnahmen. Eine Gemeinde bietet den Text einer
"Predigt des Monats", eine berichtet von einer
"Speisung der Benachteiligten" und das Schöne am
Internet ist ja nun einmal, dass man dort nicht an eine
bestimmte Anzahl von Seiten und Blättern gebunden ist wie bei
einem Druckerzeugnis. Im Netz ist viel Platz für die
christliche Botschaft "mit gelegentlich etwas mehr
protestantischem Profil", wie sich das kürzlich ein brücke-Leser gewünscht hat. Von der Seite der Münstergemeinde kam man
übrigens mit etwas Glück sogar an den Text der Predigt von Robert Leicht zum Reformationstag.
Lob und Tadel
Kritik ist Lob und Tadel - haben wir in der Schule gelernt. Ich
möchte das umdrehen und mit dem Lob schließen. Das Engagement,
mit dem meist junge Leute die Internetseiten für die Kirchen in
Ulm, Neu-Ulm und Umgebung gestaltet haben, verdient hohe
Anerkennung. Es wäre darum schade, wenn man sie bei dieser
Tätigkeit allein ließe. Kirchengemeinderäte sollten ebensoviel Engagement aufbringen wie es unsere jungen Leute vormachen. Ich könnte mir vorstellen, dass man sie zu Sitzungen des Kirchengemeinderats einlädt und sie vorfuhren lässt, was sie gemacht haben; dass man ihnen Experimentierseiten einräumt und diese deutlich von den ausgereiften Seiten unterscheidet; dass man ihnen Weiterbildungskurse anbietet, in denen sie zum handwerklichen Teil des Internet auch den gestalterischen Teil kennen lernen, dass aber vor allem über die Interessen der Zielgruppe nachgedacht wird. Zwar haben heute vermutlich erst wenige Gemeindeglieder einen Internetanschluss, aber es werden täglich mehr, sogar unter den Älteren.