Zum Tod von Pfarrer Hartmut Wendler

Kollege und Freund

Hartmut Wendler Hartmut Wendler, lebensfroh, gesellig, und meist gut aufgelegt, war gerne Pfarrer. Wenn ich an ihn denke, dann fallen mir ganz unterschiedliche Dinge ein. Als erstes eine Predigt zum Israelsonntag, dem 10. Sonntag nach Trinitatis, die ich von ihm hörte, mit einem engagierten und fundierten Eintreten für das erste Testament unserer Bibel, mit klaren Worten zu dem nicht immer glücklichen Verhältnis zu Israel; mit beherzter Aufrichtigkeit in der theologischen Stellungnahme. Und dazu denke ich an den Schwerkranken, der an einem Kettchen den Stern Davids auf seiner Brust trug. Aus Liebe zu Israel.

Als zweites fällt mir eine Redaktions-Sitzung für die 'brücke' ein, bei der wir so sehr miteinander ins Lachen kamen, dass uns die Tränen herunter liefen. Hartmut Wendler konnte Dialekte und die Spracheigenheiten von Politikern wie echt imitieren.

Es fällt mir ein, wie wir im Garten bei Wendlers zusammensaßen, bei gutem Essen, bei Geschichten und Gesprächen, bei Diskussion und Vision. Ich höre noch, wie Erlebtes mit Leichtigkeit von ihm verbunden wurde mit theologischer Tiefe.

Es fällt mir ein, wie ein Kollege und Freund in der Klinik im Bett sitzt und nüchtern die Chancen des Überlebens mit mir diskutiert. Und wie wir dann beide in der Sprachlosigkeit versinken, weil dies anbetrachts der Situation die einzig angemessene Sprache schien. Schweigen und aushalten. Leiden im Nicht-Verstehen.

Und dann kommt mir in den Sinn, wie er als leitender Redakteur der brücke' in Aufheim in der alten Schule Flammkuchen für uns bestellt - wie ein Vater für seine Kinder.

Für die 'brücke' hat er viel Herzblut gegeben. Er verhandelte, er stritt dafür, er entwickelte Ideen und drängte auf neue Formen.

Im letzten Gespräch, das ich mit ihm hatte, bereits schwer von der Krankheit gezeichnet, war die 'brücke' sein Thema: "Macht mir die 'brücke' luftig! Lasst sie nicht kaputt gehen." - Ein Vermächtnis? Geradeaus und ehrlich zu sein wie Hartmut Wendier ist für manche Momente vielleicht schwierig, aber aufs Ganze gesehen sehr aufrichtig, christlich und zuverlässig.

Ich danke ihm - und ich spreche sicher für viele, - für sein Engagement, für seine kompetente und beherzte Wirksamkeit und für seine außerordentliche Menschlichkeit. Ich spreche der Familie im Namen der brücke'-Redaktion unser herzlichstes Mitempfinden aus, und wünsche ihr trotz allem, was wir nicht verstehen, Gottes begleitenden Segen, seine Kraft und Hilfe.

Joachim Pennig

Seelsorger und Journalist

Oh Hartmut! Da hock' ich alter Mann und muss Dir einen Abschiedsbrief schreiben. Wie oft hast Du in unsrer Runde mich angeguckt, ein fragender Blick: "Ja, ich schreib's". Jetzt kommt es nicht mehr auf Deinen Tisch - dieses Manuskript...
Als ich im Juni den Hörer auflegte, spürte ich, das war unser letztes Gespräch. Nur für wenige Minuten hatte er noch Kraft. Und was lag ihm, dem todkranken 46-jährigen am Herzen? Seine 'brücke', deren neu gestaltete Titelseite sein (letztes) Werk war.
Ja Hartmut, du warst beides: Seelsorger und Journalist. "Jetzetie, es ischt endlich soweit: Neues aus unserer Hoimet; in Ulm, um Ulm und um Ulm herum!" So begann vor 17 Jahren der erste 'brücke'-Beitrag von Vikar Wendler, dem im Rheinland geborenen Oberbayern, der bei den Schwaben heimisch wurde. Der damals 29-jährige junge Theologe aus Holzschwang informierte sachkundig über das im Aufbau befindliche Ulmer Stadtradio und schrieb im ersten Anlauf einen kritischen Leitartikel, der den damals die 'brücke' gestaltenden drei alten Hasen' Respekt abnötigte. Er war nicht der erste junge Kollege in unserer Runde, aber der erste von Anfang an gleichwertige.

Tau zwischen den Donau-Ufern
Kurz darauf der zweite Wendler-Knüller: zusammen mit einem Neu-Ulmer Arzt wendet er sich auf dem Höhepunkt des Wettrüstens gegen alle, die einen "Atomkrieg für machbar halten". Von Strahlenkranken ist da die Rede, von Leiden und Ärzten, die nicht mehr helfen können. Damals ahnte er nicht, dass diese Worte am Ende seines Lebens- und Leidensweges stehen würden. Der aussätzige Samariter war damals sein Thema für eine biblische 'brücke'-Betrachtung. 15 Jahre später nahm er den Kampf auf gegen eine der heutigen Geißeln der Menschheit, den Krebs... Von Erfolg gekrönt war sein Kampf um die von Untergang bedrohte 'brücke'. Nach seiner dreijährigen Mitarbeit bis 1986 war er schon '91 erneut "an Bord gegangen" und schrieb '95: "Soll das einzige journalistische Tau zwischen den beiden DonauUfern so einfach gekappt werden? Nein, wir machen weiter."

Hartmut Wendler

Gelungener Generationenwechsel
Und wir machten weiter. Mit ihm als neuem Lotsen, dem ersten aus Neu-Ulm. Da saß ich nun neben dem neuen "Boss", der mein Sohn hätte sein können. Wir zogen an einem Strang, spätestens nach einem der manchmal endlosen Telefon-Gespräche. Ich wusste die 'brücke' in guten Händen, als ich mich '98 allmählich aus der regelmäßigen Mitarbeit zurückzog. Der Generationenwechsel war vollzogen und hatte der brücke' gut getan. Nur ein Beispiel: Seit fünf Jahren gibt es, unter der Ägide von Familienvater Wendler eine Kinder- und Jugendseite. Ich werde sie nicht mehr hören, deine tiefe, warme Stimme, lieber Hartmut! Du hast uns nicht verlassen du musstest gehen. Und wir dürfen weiter machen und werden auch diese Krise überstehen, wenn Gott will. Inzwischen war ja auch eine Ulmer Lotsin an Deine Seite getreten, womit ein alter Wunsch von dir noch in Erfüllung ging. Auf Wiedersehen Hartmut und danke!

Heinz Görlich

Bilder: privat