wir stellen vor

Dieter Albert Wer das Haus Kleiststraße 8 betritt und die steile Treppe zum EMDU, dem Evangelischen Migrationsdienst Ulm hinaufsteigt, trifft gleich im Treppenhaus auf ein großes Plakat: "Was ist deutsch?" liest der Besucher in Riesenlettern und darum herum, in kleinerer Schrift: Fragen nach dem, was gewöhnlich als (typisch) deutsch gilt. Unausgesprochen taucht dahinter die Frage auf: "Was ist denn dann nicht deutsch'?"
Damit sind wir mitten im Aufgabengebiet von Dieter Albert , dem Geschäftsführer des EMDU seit 1996. Dieter Albert, 1952 in Glücksburg in der Nähe von Flensburg geboren, kam schon 1953 mit den Eltern, nach Schwaben, erst nach Calw und dann nach Sindelfingen. Wenn man ihn fragt, was für ein Landsmann er sei, lautet die Antwort: "Gefühlsmäßig am ehesten Schwabe, aber schon von den Eltern her durchaus auch mit anderen landsmannschaftlichen Wurzeln".
Nach Schulabschluss begann er 1969 die Ausbildung zum lndustriekaufmann bei IBM. In dieser Zeit setzte er sich für die Einrichtung eines Jugendzentrums in Sindelfingen ein. Nach Lehrabschluss stand die Entscheidung an: Bundeswehr oder Zivildienst. Dieter Albert wählte nach kurzem Schwanken den Zivildienst und kam so zur Sozialarbeit und zwar im Bereich der Gerontologie und der Altenarbeit. Arbeit mit Jugendlichen war einem Zivi damals nicht gestattet. Die anschließende Tätigkeit in der Industrie im erlernten Beruf war nicht von langer Dauer. Es kamen Zweifel auf, ob diese Tätigkeit ihn auf Dauer befriedigen würde. Dieter Albert entschied sich für einen Kurswechsel und begann, Sozialpädagogik an der Evangelischen Fachhochschule für Sozialwesen in Reutlingen zu studieren.
Nach Studienabschluß 1979 - mit einer Diplomarbeit "Zur Lage der 2. Ausländergeneration" - wurde er zuerst Jugendberater für ausländische Kinder und Jugendliche beim diakonischen Werk Württemberg, dann Fachberater für Ausländerarbeit und schließlich Fachberater für Migrationsfragen in der Reutlinger Landesgeschäftsstelle.
17 Jahre lang hat dann das Glockenläuten der Marienkirche Reutlingens seine Arbeit begleitet. Er war nun 44 Jahre, war verheiratet und hatte zwei Kinder. Er hatte erfolgreich Schülerseminare und Elternfreizeiten für Ausländer veranstaltet; hatte sich dafür stark gemacht, diese Art von Integrationsarbeit nicht mehr getrennt nach Herkunftsländern durchzuführen. Nun stellte er sich die Frage: War's das? Was könnte noch kommen? Es kam etwas. Das Diakonische Werk Württemberg wollte 1996 in Ulm ein Migrationszentrum für Ausländer einrichten. Die große Zahl an Ausländern in Ulm verlangte dringend nach geeigneter sozialer Betreuung. Es wurde die Stelle des Leiters für dieses Zentrum ausgeschrieben. Dieter Albert bewarb sich und erhielt den Zuschlag. Wieder war ein Neuanfang zu wagen, alte Bindungen mussten aufgegeben werden. Dieter Albert hat es gewagt, und er hat seinen Entschluss keinen Tag bereut.
Auch die Familie fühlt sich in Holzheim bei Ulm wohl. Sie ist inzwischen um einen Kopf größer geworden. Der kleine "Malte" - ein Beinahe-Ulmer - schaut vom Foto auf den Schreibtisch des Vaters, und wenn die Windrichtung "stimmt", kann Dieter Albert auch an seinem jetzigen Arbeitsplatz Glocken läuten hören: die vom Ulmer Münster.

Eberhard Preuß