40 Jahre Oberlin-Haus Ulm
Hilfe für junge Menschen im Wandel

Das am 1. April 1960 von der Evangelischen Gesamtkirchengemeinde auf Wunsch der Stadt Ulm gegründete und im Logauweg am Eselsberg erbaute "Evangelische Kinderheim" ist am 1. April 2000 40 Jahre alt geworden. 1962 erhält es den Namen Oberlin-Kinderheim, nach dem gleichnamigen Pfarrer, Johann Friedrich Oberlin aus dem Steintal im Elsaß. Dieser hatte sich im 18. Jahrhundert sehr um die dort lebenden Kinder und Jugendlichen gekümmert, sie beschult und ihnen Arbeit gegeben.

Oberlin-Haus

1966 wird das Oberlin-Kinderheim in die Trägerschaft des Ulmer Vereins für Innere Mission übergeben. Dieser ist bereits Träger für das Alten- und Mädchenwohnheim Dreifaltigkeitshof.

Als aber der Dreifaltigkeitshof 1985 an die Evangelische Heimstiftung und das 1967 gegründete Studentenwohnheim, 1986 an das Studentenwerk abgegeben wird, erfolgt sowohl eine Satzungsänderung als auch eine Namensänderung. Seit 1987 ist der Name des Trägers identisch mit dem Namen der Einrichtung: Oberlin-Haus Ulm e.V., Evangelische Einrichtung für Jugendhilfe. In der Satzung ist unter anderem festgelegt, dass die Evangelische Gesamtkirchengemeinde Ulm sechs Mitglieder für diesen Verein benennt.

1976 wird eine Außenwohngruppe für Jungen und 1980 - auf Wunsch der Stadt - eine für Mädchen eröffnet.

1984 erfolgt eine einschneidende Veränderung. Das Gebäude des Kinderheimes im Logauweg wird verlassen und die dort in zwei Gruppen wohnenden jungen Menschen werden auf drei weitere Außenwohngruppen "verteilt". Zu diesem Zweck werden Häuser in Ulm angemietet beziehungsweise gekauft. Gründe für diesen Schritt sind vor allem: weg von der "Rund-um-Versorgung", Schaffung von realen Lebenssituationen, Bildung von kleinen Gruppen mit familienähnlichen Strukturen.

Diese Umstrukturierung der Einrichtung vom klassischen Heim hin zu dezentralen Wohngruppen ist der Beginn einer stetigen Entwicklung, Erweiterung sowie Differenzierung der Hilfeangebote. Das Oberlin-Haus mit den Wohngruppen will künftig nicht nur die "letzte Station", die "ultima ratio" für Problem- Familien sein. Deshalb wird in der Folgezeit das Augenmerk deutlich und intensiv auf die Entwicklung von prophylaktischen ambulanten Hilfen sowie auf eine Differenzierung im stationären Bereich gerichtet. Der stationäre Bereich bleibt zwar ein bedeutender Aufgabenschwerpunkt, doch die stetig ansteigende Entwicklung im ambulanten Bereich ergibt zum April 2000 ein nahezu ausgewogenes Verhältnis zwischen ambulanten und stationären Hilfen.

Was sich alles hinter dieser Entwicklung verbirgt, zeigt der folgende "Lebenslauf":

1976 Eröffnung der Außenwohngruppe für Jungen
1980 Eröffnung der Außenwohngruppe für Mädchen
1984 Auflösung des Stammhauses zugunsten von drei weiteren Außenwohngruppen
1985 Betreutes Jugendwohnen
1989 Erziehungsstellen
1991 Sozialpädagogische Familienhilfe
1996 Soziale Gruppenarbeit
1996 Inobhutnahme/Notaufnahme
1997 Betreuter Umgang
1997 Offene Jugendarbeit
1998 Systemische Familientherapie
1999 Beschäftigungsprojekt
1999 Verfahrenspflegschäft
1999 Beratung von Pflegestellen

Der Bedarf an neuen Hilfeformen entwickelt sich immer aus den Erfahrungen vorhandener Aufgabenfelder. Konzipie- rung und Umsetzung neuer Hilfen erfolgt jeweils in Absprache und enger Kooperation mit den Jugendämtern und hat als Ziel, die stationäre Maßnahmen wie zum Beispiel das Herauslösen eines jungen Menschen aus dem Familiensystem auf das Notwendigste zu beschränken.

Wir Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen verstehen unter dem diakonischen Auftrag, uns für die Kinder, Jugendlichen und Familien einzusetzen, die unsere Beratung, Begleitung und Unterstützung benötigen, für sie Partei zu ergreifen und bei Bedarf auch für ihre Belange zu kämpfen. Mut ist hier ebenso gefragt wie die Bereitschaft zum Kompromiss. Wir übernehmen oft auch dann Aufgaben, wenn wir wissen, dass diese nicht finanziert werden, wir aber Menschen in Not sehen oder einen Hilferuf hören. Wir kommen immer öfter in solche Situationen, haben deshalb erstmals einen Spendenaufruf gemacht.

Dieser Artikel kann natürlich nur eine Kurzinformation über das "Geburtstagskind" darstellen, das am Sonntag, 7. Mai 2000 sein Jubiläum feiert, zu dem jeder herzlich eingeladen ist. Es findet am Ende der Bleichstraße in Ulm in einem Zelt statt und beginnt mit einem Gottesdienst um 10 Uhr mit anschließendem Familienfest.

Ulrich Berron, Gesamtleiter
(über die brücke-Redaktion zu erreichen)

Bild: Bartenschlag