"Doris und Ernst Sperber. Wie haben Sie beide Ihre Arbeit aufgeteilt?" frage ich die Pfarrerin. Sie füttert ihre halbjährige Charlotte auf dem Schoß liebevoll weiter und sagt "ich bin für die Arche' zuständig, unsere Kindertagesstätte nebenan. Da gibt es viel zu tun - jeden Tag."
Doris Sperber-Hartmann (33) 'macht' auch die Frauenarbeit und ist Ansprechpartnerin für den Ludwigsfelder Besuchsdienst-Kreis, der auch das Altenheim mit betreut.
Das neue Pfarrersehepaar in Neu-UlmLudwigsfeld teilt sich die Arbeit im Stadtteil. Eins machen sie beide, abwechselnd: die Amtshandlungen und die Gottesdienste, die beiden sehr am Herzen liegen. Ob die Kirche vielleicht den Anschluss an das Lebensgefühl der Menschen von heute verloren habe, fragt sich Ernst Sperber (39). Aber gibt es das überhaupt, das Lebensgefühl? Lebendige Gottesdienste sind nicht nur Sache der Pfarrer. Kreative Köpfe und Herzen sind gefragt, die mit einsteigen in die Gottesdienstgestaltung. Mehr Menschen sollten heimisch werden in ihrer das wünschen sich die beiden Theologen und veranstalten Ende März eine Mitarbeiterrüstzeit über Gottesdienstarbeit.
Vorgefunden haben sie einen offenen Jugendtreff, der zu war. Schon länger. Es hatte Ärger gegeben. Die beiden mutigen Pfarrersleute haben das Café Blamage (so heißt es wirklich) wieder eröffnet. Aber nicht im Hauruckverfahren. Sie haben die Nachbarn des in schlechten Ruf geratenen Treffs eingeladen und mit ihnen und den Kirchenvorstehern über die Zukunft des Cafés gesprochen, Vorerst ist es einmal wöchentlich geöffnet und nur bis 22 Uhr. Ein Anfang. Über Erfahrungen mit Jugendarbeit verfügen beide. Er war in seiner Heimatstadt Sulzbach-Rosenberg (Oberpfalz) einer der Hauptakteure für eine blühende Jugendarbeit in den siebziger Jahren mit Jugendaustausch nach Ost und West. Eine Ost-West-Ehe (Sulzbach + Erfurt) gehörte zur Erfolgsbilanz. Zweites Standbein von Sperber ist die Musik. Kein Wunder. Als Schüler lebte er drei Jahre im Windsbacher Internat, in das beide später als Studieninspektoren für den bekannten Knabenchor für vier Jahre zurückkehrten.
Hier ist er Ansprechpartner für Kirchenmusik, spielt gern und gut Orgel. "Die Verwaltung macht mein Mann" schildert die gebürtige Ansbacherin die Absprache mit ihrem Ko-Partner. Zu seinen Obliegenheiten gehören auch Jugendund Seniorenarbeit, während die Mutter dreier Töchter den MINI-CLUB umtreibt. Was ist denn das? "Ha, da kommen die Mütter mit ihren Sprösslingen im Vor-Kindergartenalter." Und was machen Sie da? "Wir singen und spielen, haben Zeit für Erfahrungsaustausch und feiern gern mit unseren Krabbelkindern."
Lebendige Kirche an der Basis in Ludwigsfeld? Komische Frage!
Heinz Görlich