Lade Deinen Nachbarn ein
Eine Initiative zur Überwindung von Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Gewalt

Warum eine Initiative?
Eine ganz alltägliche Begebenheit: Als wir vor kurzem einen Schlüssel bei einer Nachbarin mit serbokroatischem Namen abgeben wollten, bat sie uns, doch herein zu kommen. Bei einer Tasse Espresso sagte sie uns, dass der kurze Besuch etwas Besonderes für sie sei. "Seit 28 Jahren, die ich mit meinem Mann in diesem Haus lebe, sind Sie die ersten Deutschen, die meine Wohnung betreten und auf meinem Sofa sitzen."

Lade Deine Nachbarn ein Menschlichkeit
Macht Sie diese Geschichte nachdenklich ? Sie ist kein Einzelfall. Es gibt viele Menschen in unserer Nachbarschaft, die wir nicht besuchen und deren Lebenswirklichkeit wir kaum wahrnehmen. Seien es Flüchtlinge aus Bürgerkriegsregionen, Asylsuchende, ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer oder auch Spätaussiedler, die sich bei uns fremd fühlen und unter mangelndem Kontakt zu der einheimischen Bevölkerung leiden. Das ist der Ansatzpunkt für diese Initiative, und deshalb heißt es: "Lade Deine Nachbarinnen und Nachbarn ein!"

Leitbilder
Christinnen und Christen und Menschen jüdischen Glaubens lassen sich dabei vom der Gottebenbildlichkeit aller leiten. Daraus erwächst der Auftrag, die Menschenwürde zu schützen.

Für Musliminnen und Muslime ist es vor allem das Leben des Propheten Muhammad, das sie leitet. Zu den Nachbarn des Propheten Muhammad gehörten auch jüdische Familien, zu denen er besten Kontakt pflegte.

Wir, Christen, Juden und Muslime, wollen gemeinsam dem Anwachsen der Fremdenfeindlichkeit in unserem Lande etwas entgegensetzen.

Ideen
Die Idee des Projektes ist nicht neu. Sie reiht sich in andere Initiativen wie zum Beispiel die 'Woche der ausländischen Mitbürger', die 'Woche der Brüderlichkeit', den 'Tag der offenen Moschee' oder den 'Tag des Flüchtlings' ein. Sie alle sind nötig, solange hier in diesem Lande auch nur ein Mensch wegen seines Andersseins auf offener Straße angegriffen oder in seinem Alltag auf vielfältige Weise entwürdigt wird.

Keine Einbahnstraße
Das Projekt will auch eine Ermutigung für die vielen schon bestehenden Initiativen sein und sich mit ihnen verknüpfen.

Was uns bei dieser Initiative wichtig ist: Wo immer möglich, sollte die Wechselseitigkeit von Einladenden und Eingeladenen im Blick sein Laden Sie ein und lassen Sie sich einladen!

Ein sinnvoller Anlass
Es gibt viele Gelegenheiten für Begegnungen. Hilfreiche Anknüpfungspunkte bieten die Feste und Feiern verschiedener Kulturen und Religionen, aber es können auch ganz alltägliche Begebenheiten sein, die zu einer Einladung und zu Besuchen ausgebaut werden. Ob es eine einmalige Aktion wird, bei der es um ein Kennenlernen geht oder ob sich daraus eine persönliche und gesellschaftliche Veränderung entwickelt, liegt ganz bei Ihnen.

I. Begegnung zwischen Kulturen: zum Beispiel 'Beim internationalen Essen in der Gemeinde'
In einem Frauenkreis wurde das Thema "Meine Nachbarin ist Ausländerin. Wie gehe ich damit um?" besprochen. "Jede bringt was zu Essen mit", hieß es spontan. Es war ein sehr schöner Nachmittag, und so entstand die Idee, das könnte man doch auch einmal mit der ganzen Gemeinde machen. Die Frauen luden zum internationalen Essen ein und es war eine große Überraschung, wie viele Menschen aus der Gemeinde sich einladen ließen. Zweimal wurde seitdem diese Aktion bereits durchgeführt, und im nächsten Jahr soll sie wieder stattfinden.

II. Begegnung zwischen Konfessionen: zum Beispiel 'Wie wäre es mit der Pfingstbotschaft in Twi?'
Pfingsten eignet sich in den christlichen Kirchen besonders gut zur Begegnung mit Menschen anderer Herkunft und Sprache. An einigen Orten werden ökumenische Pfingsttreffen veranstaltet. Die Beteiligung vieler Gruppen aus allen Erdteilen zeigt die große Vielfalt kirchlichen Lebens. Hautnah wird diese Erfahrung erlebbar, wenn zum Beispiel die Pfingstbotschaft in der ghanaischen Sprache "Twi" verlesen wird. Die weltweite christliche Ökumene ist heute eben vor der eigenen Haustür anzutreffen. Das Miteinander mit Christinnen und Christen aus anderen Ländern und anderen Traditionen kann in vielen Gemeinden direkt vor Ort gelebt werden.

III. Begegnung zwischen Religionen: zum Beispiel 'Gemeinsam die Bibel lesen'
Die Hebräische Bibel/das Alte Testament wird von Juden wie Christen als Heilige Schrift gelesen. Auf dem Evangelischen Kirchentag wurde vor vielen Jahren damit begonnen, einen biblischen Text aus jüdischer und christlicher Sicht gemeinsam auszulegen. Da wurde entdeckt, wie verschieden die Geschichte und Traditionen sind, aus denen wir kommen, und wieviel wir voneinander lernen können.

Seither sind an vielen Orten solche Versuche unternommen worden, die Wahrheit der biblischen Texte auf diese Weise zu entdecken. Man kann am Anfang einfach einmal die unterschiedlichen deutschen Übersetzungen lesen. Laden Sie Ihre jüdischen/christlichen Nachbarn ein - und lesen Sie miteinander die Heilige Schrift, vielleicht fangen Sie mit einem vertrauten Text an, zum Beispiel dem großen Trost- und Dankgesang, dem 23. Psalm.

(Text und Bild aus ACK-Faltblatt)