Integration ist keine Einbahnstraße
"Auch die Sprache unserer Bilder hat einen Akzent"

Kulturtage
Kopf Vom 17. bis 29. Januar 2000 stand eine Ausstellung in der Stadtbücherei Neu-Ulm im Mittelpunkt der "Kulturtage Ost-West". Organisatorinnen waren, unter der Schirmherrschaft von Frau Dr. Beate Merk, Frau Renate Koch vom Diakonischen Werk Neu-Ulm und Frau Dr. Bettina Hunecke von der Ost-West Integrationsstelle in Ulm. "Gemeinsam möchten wir zu Beginn des neuen Jahrtausends ein Zeichen der kulturellen Verständigung und Annäherung setzen," so lautete das Ziel der Veranstaltung.

Akzent
"Akzent", so nennt sich die Gruppe der Künstler, die Bilder und Holzarbeiten präsentierten. "Wir haben einen Akzent und auch die Sprache unserer Bilder hat einen Akzent", so erklärte Eugen Abele, einer der Künstler bei der Eröffnung.
Gruppe Akzent und Renate Koch "Akzent", das sind Künstler und Künstlerinnen aus Russland, Kasachstan und der Ukraine, die heute in der Region Ulml Neu-Ulm leben. Waldemar Müller zeigte Bilder in Öl und Holzschnitzereien. Alexander Jost ist ganz auf das Holz spezialisiert. Ernst Staudinger malt mit Öl und auch Farbstift oder Kohleskizzen. Swetlana Waimar stellte hauptsächlich in Aquarell aus, arbeitet aber auch in Öl und mit Mischtechnik und zeigte eine Mappe mit Skizzen. Johann Luzenko zeigte Öl emälde Ölkreide und A uarelle.

Die Bilder und Kunstwerke entstanden in den letzten 15 Jahren und zeigen einen eindrucksvollen Versuch Integration auf dem Wege des Ausdrucks zu bearbeiten. Sehnsucht und Vergangenheit, Hoffnung und erlebtes Leid, Friede und Zukunft,

Alltag und die Ahnung vom Besonderen sind die Themen, die auf sehr unterschiedliche Weise zu sprechen beginnen. "Bauernfeld" und "Gewitter", "Am Dorfrand" und "Abendstimmung", "Der Morgennebel" und "Der erste Tau", so heißen die Werke.

Visionen
Gegenständlich, real, anschaulich und von guter technischer Qualität sind die Bilder. Liebliche Landschaften, lichtdurchflutete Wälder, die Oberhofer Kirche oder Schnee auf der Alb, bei allem entsteht beim Betrachter das Gefühl, dass hier jemand eine alte in ihm schlummernde Heimat wieder neu entdeckt. "Visionen" hieß die Ausstellung - Zukunftsschau, die aus dem archalschen Inneren schöpft, die Heimat der Vorväter als die Zukunft der eigenen Kinder neu entdeckt.
Ornament Visionen haben wir auch als Petrus-Kirchengemeinde, wenn wir der Gruppe "Akzent" unseren Gemeindesaal in der Riedstraße für Ihre Treffen zur Verfügung stellen. Wir haben die Vision, dass die unterschiedlichen Gruppen und Menschen unserer Stadt und unserer Lil Gemeinden zusammen leben. Weder die einen noch die anderen dürfen gezwungen werden ihre Traditionen, ihr Brauchtum, ihre Lebensformen aufzugeben und sich den anderen anzupassen. Wir träumen vielmehr davon, dass die Unterschiedlichkeiten sich gegenseitig befruchten, öff nen, erweitern und der Horizont jeweils um den des/der anderen hinzu gewinnt.
Der "offene Künstlertreff" in der Riedstraße, zu dem sich die Gruppe "Akzent" zusammenfindet, ist übrigens offen für jedermann/jedefrau. Es können z.B. eigene Arbeiten (Mitte) mitgebracht werden, über die dann gesprochen wird: Was kann besser sein, und wie kann man das bewirken. Oder es kann auch jemand kommen, der/die gerne malen lernen will. Dann ist der "offenen Künstiertreff" eine gute Adresse, denn Akzente besteht aus Profis: Studium in Rußland und oder an der Kunstakademie in Stuttgart, Ausbildungen und Schulungen, Studien und Erfahrung stehen bereit.

Oder auch anders
Puppen Während der "Kulturtage Ost-West" gab es auch noch andere Arten von Integrationsversuche und Bewältigung. So spielte Professor Peter Gerter und Schüler von ihm überaus eindrucksvoll auf dem Bandoneon und Frau Lilia Tetslau trat mit ihren Puppen auf zu Kinderprogramm und spielte Kabarett.

Lilia Tetslau

Integration, so konnte man sehen, hören und erleben, ist ein langer Weg der kleinen Schritte: der vielen Pinselstriche, der ungezählten Noten, der unermüdlichen Theaterstücke, der Ideen und Phantasien, der Gespräche und Bereitwilligkeiten. Kulturtage Ost-West sind ein wichtiger Impuls auch in der Öffentlichkeit. Aber die wirkliche Integrationsarbeit wird von beiden Seiten im Alltag geleistet, in Kindertagesstätten und am Arbeitsplatz, in Schulen und Gemeinden, in Jugendarbeit und Gesprächskreisen. Die Künstler in der Riedstraße haben einen Anfang gewagt. Herzlichen Glückwunsch! Nun ist unserer eigene Courage gefragt, aufeinander zuzugehen und mitzumachen.
Nächste Termine:
3.3./17.3./31.3. und so weiter, jeweils 19 21 Uhr, Riedstraße 26, Neu-Ulm.

jp

Bilder: "Akzent"