Diskussion
"Patientenverfügung" ist ein zur Zeit viel diskutiertes Thema. Auch unsere Frauengruppe, die Montagsrunde der Petrusgemeinde in Neu-Ulm, hat sich damit beschäftigt.
Kernfrage ist, was kann ich, die einzelne Person, verfügen, um mir eventuell eine Verlängerung meines Lebens gegen meinen Willen zu ersparen.
Fortschritt
Der medizinische Fortschritt hat in den letzten Jahren zu einer schwierigen Situation geführt. Einerseits können mit Hilfe moderner medizinischer Möglichkeiten Krankheiten geheilt werden, andererseits kann der Einsatz aller medizinisch-technischen Mittel der Intensivmedizin auch das Leiden und Sterben von Menschen verlängern. Ein würdevolles Leben bis zuletzt kann also sowohl die Anwendung als auch den Verzicht auf die Anwendung intensiver Medizin bedeuten. Eine letzte Entscheidung muss daher immer aus der konkreten Lage des sterbenden Menschen heraus und von seinen Wünschen ' und Bedürfnissen her getroffen werden.
Annahme
Die beiden christlichen Kirchen haben eine gemeinsame "Christliche Patientenverfügung" verfasst und im Herbst 1999 herausgegeben. Diese Patientenverfügung enthält neben den wichtigen Punkten des Vertrages eine Handreichung mit christlichem Hintergrund. Das Leben ist uns geschenkt, damit wir es, trotz Leid und Tod, annehmen und gestalten können. Gott befähigt uns dazu, dass wir unser Leben verantwortlich gestalten, auch in der letzten Phase.
Deshalb sollten wir rechtzeitig eine Patientenverfügung unterschreiben. Sie erleichtert es den Ärzten/Ärztinnen und Pflegenden, uns mit unseren Wünschen zu achten, ganz gleich, in welcher Bewusstseinslage wir uns befinden.
Was ist eine Patientenverfügung?
Eine Patientenverfügung ist eine vorsorgliche schriftliche Erklärung,
durch die ein einwilligungsfähiger Mensch zum Ausdruck bringt, dass er in
bestimmten Krankheitssituationen keine Behandlung mehr wünscht, wenn
diese nur dazu dient, sein ohnehin bald zu Ende gehendes Leben künstlich zu verlängern.
Wann wird die Patientenverfügung angewendet?
Die Patientenverfügung wird berücksichtigt, wenn folgende Voraussetzungen
erfüllt sind:
Wie lange gilt die Patientenverfügung?
Wichtig beim Ausfüllen einer Patientenverfügung sind Datum und Unterzeichnung. Zu empfehlen ist, die Verfügung immer wieder zu überprüfen und von neuem mit Datum und Unterschrift zu versehen.
Es würde bei weitem den Rahmen sprengen, auch noch auf eine Versorgungsvollmacht oder eine Betreuungsverfügung einzugehen. Deshalb empfehle ich allen Leserinnen und Lesern, sich eine Ausfertigung der "Christlichen Patientenverfügung" zu besorgen.
Christine Hauschild
Kirchenvorsteherin
Von der Wiege bis zur Bahre: Formulare, Formulare, so haben vermutlich
die meisten von uns schon oft geseufzt, mindestens beim Ausfüllen der
Steuererklärung. Nun gibt es also auch ein Formular für Festlegungen, die
unsere letzte Lebensphase betreffen, und endlich - nach anderen
Vorläufem - eines aus christlicher Sicht. Spät kam es, doch es kam.
Richtig finde ich, dass das Formular "Christliche Patientenverfügung"
nach altem kirchlichen Brauch eingebettet ist in eine "Handreichung".
Denn erst darin werden in zurückhaltender Weise einige der Gesichtspunkte
beleuchtet, die die Beschäftigung mit dem eigenen Lebensende und der
Zeit davor in unserer Gegenwart und in unserem Land so schwierig machen. Zum Beispiel die Notwendigkeit, das Thema mit Personen des eigenen Vertrauens, seien es jetzt Ehepartner, andere Familienangehörige, Freunde und Freundinnen oder Hausarzt und -ärztin in geschützter Atmosphäre zu besprechen. Wenn wir schon keine Tradition für Sterbebegleitung haben, käme alles darauf an, vertrauensvolle und verlässliche Beziehungen zu anderen Menschen einzugehen und zu pflegen - nicht nur im Hinblick auf die letzte Lebensphase. Als Jugendlicher habe ich im Berlin der Blockadezeit gern den amerikanischen Soldatensender AFN gehört. Der Schlussappell an die Kameraden fern ihrer Heimat lautete:" Der beste Weg, Freunde zu haben ist, einer zu sein. " Den Begriff "Soziales Netz" gab es damals noch nicht. Wenn also ein Vormundschaftsrichter oder eine behandelnde Ärztin erfahren wollten, was der"mutmaßliche Wille" in einer Situation wie sie die Patientenverfügung beschreibt, wohl wäre, wenn der Patient sich nicht mehr klar äußern konnte, mussten Angehörige mündlich befragt werden. Es musste erkennbar sein, dass die Befragten wirklich das Vertrauen der Betroffenen besaßen. Nur im persönlichen Gespräch lässt sich das mit einer gewissen Sicherheit erkennen.
Das Formular kann also nur eine Krücke sein, und es wäre meiner Meinung nach besser, wenn es wie ein Testament durch eine handgeschriebene ausführliche Erklärung ersetzt würde. Aber da damit, anders als im Testament, keine vermögensrechtlichen Dinge geregelt werden, wird offenbar ein geringerer juristischer Aufwand für ausreichend gehalten.
Eberhard Preuß