Weihnachten - ein Gedicht

"Vom Himmel in die tiefsten Klüfte
ein milder Stern herniederlacht;
vom Tannenwalde steigen Düfte
und hauchen durch die Winterlüfte,
und kerzenhelle wird die Nacht.
Mir ist das Herz so froh erschrocken,
das ist die liebe Weihnachtszeit!
Ich höre fernher Kirchenglocken
mich lieblich heimatlich verlocken
in märchenstiller Herrlichkeit.
Ein frommer Zauber hält mich wieder,
anbetend, staunend muss ich stehn;
es sinkt auf meine Augenlider
ein goldner Kindertraum hernieder,
ich fühl's, ein Wunder ist geschehn."

So dichtete einst Theodor,
Herr Storm, nicht der vom Fußballtor,
und brachte passend, wie ich meine,
die Stimmung dieser Zeit in Reime,
wie sie die meisten wohl erträumen:
mit Kerzenschein und weißen Bäumen,
den Duft von Plätzchen in der Nase
und Weihnachtsbockbier in der Blase.
Nein, ich will nicht darüber scherzen,
diese Zeit verzaubert Herzen,
weckt Gefühle selbst am Stammtisch,
denn Weihnachten ist soo romantisch.

Du siehst vom Fenster aus die Flocken
durch die Winterlandschaft zieh'n
zu Haus, im Stübchen, ist es trocken,
und es knistert im Kamin.
Nun duftet Wachs, nun glimmt der Tann,
du wärmst dich an der stillen Glut,
und ganz plötzlich rührt's dich an,
und dir wird wundersam zumut.
Ja, dich grüßen alle Wunder,
die am lauten Tag geruht,
in dir klingen Weihnachtslieder,
und dein Sinn wird fromm und gut.
Dämmernd kommt heraufgestiegen
manche längst vergessne Zeit
voller Freude mit den Lieben
und verblichner Herrlichkeit.
Ja, ein wunderbarer weicher
Weihnachtsfriede macht sich breit,
aber mancher wird auch bleicher
im Dunstkreis der Vergangenheit.
Wer einsam ist und ohne Gäste,
für den ist Weihnachten nicht heiter,
wirft doch das hellste aller Feste
auch die längsten Schatten, leider.

Doch haben wir's uns selbst beschert,
dass viele Menschen deshalb klagen,
weil wir das Weihnachtsfest vermehrt
so mit Gefühlen überladen.
Als ob's für den jetzt hier auf Erden,
der traurig sich und einsam fühlt,
nicht Weihnachten mehr könnte werden,
wenn keine Freude er verspürt.
Weihnachten ist nun mal mehr
als Frohsinn, Glanz und Lichtgirlanden,
gilt doch die gute, frohe Mär
auch denen, die im Finstern wandeln.

"Weil Gott in tiefster Nacht erschienen,
kann unsre Nacht nicht traurig sein",
verkündeten schon Seraphinen
inmitten aller Angst und Pein.
Dass Gottes Sohn, der Herre Christ,
als Licht für diese Welt,
bei Nacht im Stall geboren ist,
zeigt, wem die Liebe zählt.
Die Armen, die am Rande steh'n,
geplagt von Not und Leide,
sie sollen nicht verloren geh'n,
Gott steht auf ihrer Seite.

Dass auch wir sie nicht vergessen,
das ist Gottes Weihnachtswunsch
und es gib genug Adressen,
wo man wartet, auch auf uns.
Wenn wir uns'ren Nächsten lieben,
können wir zudem beweisen,
was uns ins Stammbuch ist geschrieben:
dass wir zu Recht auch Christen heißen.
Nur leider, wie man es auch dreht,
reicht es manchmal nicht sehr weit
mit uns'rer Solidarität,
gerade in der Weihnachtszeit.
Wir sind gereizt, gestresst, geladen,
die Hektik steht uns im Gesicht,
und es schallt aus manchem Laden
ein nicht christliches Gedicht:
"Lauft, ihr Leute, lauft,
kauft, ihr Leute, kauft!
Kauft auf Pump und kauft in bar.
Weihnacht ist nicht oft im Jahr.
Weihnacht ist nun mal das Fest,
wo sich keiner lumpen lässt
und die Freunde staunen sollen,
wie bei euch die Rubel rollen.
Wünscht und kauft nach jenem Brauch:
Unser Nachbar hat das auch.
Wonach eure Sinne gieren,
können wir euch offerieren:
Autos, Pelze, Perlen, Gold,
Heimcomputer - was ihr wollt.
Hummer, Austern, Weinbergschnecken
sollen euren Tisch bedecken
und was teuer ist und rar
wie der echte Kaviar.
Kauft, dass sich die Tische biegen.
Schenken muss noch Zentnern wiegen.
Weihnachtsumsatz. Kassenschlager.
Weihnacht räumt auch Mammutlager.
Weihnacht - wie bist du verwandelt.
Weihnacht - wie bist du verschandelt!"

So ist für viele der Advent
die Zeit, da jeder hilflos rennt,
um, ohne noch groß auszuschnaufen,
Geschenke "sinnig" einzukaufen.
Doch wär das sinnigste Präsent
für solche, die recht einsam sind,
ein bisschen Zeit und gute Worte,
die zudem das eigne Portemonnaie
schonen und sich lohnen.
(Zwar geht dieser Reim nicht auf
doch macht euch euren Reim darauf!)

Außerdem wär' es doch, logisch,
obendrein höchst pädagogisch,
zum Kern des Festes vorzudringen.
Süßer die Kassen zwar nie klingen
als zu der schönen Weihnachtszeit.
Doch wird sie dadurch nicht "geweiht",
wenn wir um Geld, vielleicht "aus Lehen",
teure Gaben nur erstehen,
um damit Menschen zu beehren,
um die wir uns sonst wenig scheren.
Schafft sich dadurch das Gewissen
ein "blüten-reines" Ruhekissen?
Die Liebe lässt sich nicht erwerben,
sie wird geschenkt und geht in Scherben,
wollen wir mit Geld und Schätzen
echte Zuneigung ersetzen.
Dies ("Kies") kann niemals etwas werden
so kommt der Himmel nicht auf Erden!
Für Gott bricht da der Himmel an,
wo wir einander zugetan.

Drum gibt uns Gott die Referenz:
Mach's wie ich - und werde Mensch,
dann wird Weihnachten fürwahr,
nicht nur für einen Tag im Jahr,
und die Liebe nicht erlahmen.
Dafür steht Gott mit seinem N-amen.

kh